Vernissagesplitter

Haben Sie schon mal Bilder gemalt? Und dann diese Bilder auch ausgestellt? Und waren Sie dann bei der Eröffnung dieser Ausstellung selbst anwesend? Wenn nicht, dann rate ich Ihnen, malen Sie niemals! Wenn Sie es doch nicht lassen können, stellen Sie niemals aus. Wenn sich auch das nicht irgendwie vermeiden läßt, gehen Sie auf keinen Fall zu Ihrer eigenen Vernissage.

Ich laß jetzt mal das ganze Vorspiel weg. Verhandlungen mit Galeristen. Die Pressekonferenz. Da kommen z.B. die lokalen Fotografen und zwingen Sie, eins Ihrer Bilder wie einen preisgekrönten Rammler ins Objektiv zu halten, dabei lächeln, und zwar natürlich lächeln, während er eine halbe Stunde an seinem Objektiv herumschraubt. Und während Sie lächeln, wissen Sie nie, wann er endlich abdrückt. Aber wie gesagt, lassen wir das mal. Die Ausstellung hängt und jetzt kommt er: Der Vernissage-Besucher.
Manchmal kommt auch mehr als einer. In beiden Fällen handelt es sich um das Vernissagepublikum. Im Hintergrund Atmosphäre, meist erzeugt von einer dezenten Jazz-Combo, oder einem modernen Solisten (Hier setzt die Musik ein) Bei Musikern braucht man nicht darüber nachzudenken, ob sie pünktlich sind. Sie sind es nicht. Diese Band hier z.B. ist noch nicht vollzählig. Sie kennen die Sollhaltung? Dies hier ist ein Glas mit Sekt, oder Sekt mit Orangensaft, oder Orangensaft.

Stammen Sie von hier?
Wann kamen Sie zur Kunst?
Bei wem haben Sie studiert?
Sind Sie verheiratet?
Wieviel Prozent kriegt der Galerist?
Wieviel Stunden am Tag arbeiten Sie?
Was denken Sie beim Malen? - Ich, äh, also,... Ach, Sie denken gar nicht beim Malen, Sie malen spontan, aus dem Unterbewußtsein?
Wann haben Sie damit angefangen? Bestimmt als kleiner Junge, oder?
Wie lange brauchen Sie für so′n Bild?
Sellerie soll ja so potenzfördernd sein.
Können Sie davon leben?
- Ich, äh, also,...
Vor allem Stangensellerie.
Mein Onkel war auch Maler. Der war zum Glück bei der Stadt, weil...der hat nie was verkauft. Einmal hat er im Tresorraum von der Sparkasse ausgestellt...

Also, wenn da keine Kirche drauf wär, würd ich das Bild ja kaufen. Aber ich bin aus der Kirche ausgetreten.

Ich war kürzlich auf einem Vortrag über Katarsiskonzepte und Kunst. Und der hat gesagt, das gemalte Bild ist tot. Seitdem kaufen wir keine gemalten Bilder mehr. Schade, daß Sie diese Bilder hier gemalt haben. Wenn Sie die nicht gemalt hätten, hätten wir sicher eins gekauft.

Also. das ist mir viel zu rot. Wenn das Rot Blau wäre.
Ich war mal bei einer Farbberatung. Ich bin ja eher so ein Frühlingstyp. Ich habe auch meine persönliche Farbkarte mitgebracht. Aber hier ist leider nichts dabei. Sonst gefallen mir Ihre Bilder sehr gut.
Wir suchen was für die Praxis, was Ruhiges, was nicht Angst macht.
Wenn der Kerl auf dem Bild mich nicht dauernd so angucken würde:
Besonders auf Männer soll Stangensellerie wahre Wunder wirken.
Sind die Käsehäppchen schon alle?
Dafür müßte ich ja die Schrankwand rauswerfen.
Für einen Druck zahle ich bei Karstatt nur die Hälfte, mit Rahmen.
Blättert das auch nicht ab? Mir ist schon mal was abgeblättert und da war was ganz anderes drunter.
Zeichnen Sie das vor?
Mein Gatte malt auch, nicht wahr,Herbert? _Allerdings in Öl. Herbert, oder ist das was anderes? Riecht wie Terpentin.
Unser Daniel hat ein Stipendium, in Hückeswagen beim Golfclub. Der soll die Mitglieder porträtieren.
- Ich, äh, also...ach ja?...Interessant...
Können Sie auch Portraits? Meine Schwiegermutter wird 80, die sitzt ganz lange still.
Kennen Sie Wenzel, Karl Wenzel? Von dem hab ich ein Bild. Das einzige, das er je gemalt hat.
Tschuldigung, mal ganz privat: Bei mir haart der Pinsel immer so. Drück ich da zu fest drauf?
Malen Sie nach Musik?
Hasse mal Feuer?
Mein Gott, wie witzig!
Wir sammeln nur 1960 bis 1962.
Machen Sie auch Poster?
Gibt es für Künstler auch eine Krankenversicherung?
Meditieren Sie auch?
Das wurde auch Zeit, daß Männer im Sitzen pinkeln!